Wer hat sich eigentlich in der NVA um das Seelenheil, sprich die Psychohygiene gekümmert?
Wahrscheinlich kennt ja jeder aus seiner Dienstzeit Männer, die es psychisch irgendwann mehr oder weniger heftig geschüttelt hat. Manchen so sehr, dass er selbst an sich Hand anlegte, andere, die ihren Kummer im Alk ertränkten. Beziehungsstress, dienstliche Überforderung, auch Unterforderung und Langeweile, Mobbing usw. hatten ja durchaus ihre Wirkung auf den militärischen Alltag. Wer beim Feind schlecht drauf war, konnte sich an Militärseelsorger wenden. Wer bei uns schlecht drauf war, hatte da schlechte Karten.
Wie ist man damit umgegangen? Was hattet ihr für Erfahrungen gemacht?
Es gab nicht wirklich einen "Seelsorger". Des Politoffiziers Aufgabe war es nicht, psychische Probleme einzelner Troupiers aller Dienstgradgruppen zu klären (ohne darauf jetzt näher eingehen zu wollen, was dessen Aufgabe nun wirklich war). In manchen (vielen) Einheiten war es der Regimentsarzt, der rudimentär auf die seelischen Belange von Patienten einging (aber auch nicht alle; es gab da auch "harte Hunde" drunter), wenn solches vom Patienten ausgesprochen wurde.
Ansonsten blieb jeder mit sich allein. Auch hier und da verständnisvolle Vorgesetzte konnten nicht immer über ihren Schatten springen (schon mit Rücksicht auf die zu erfüllenden militärischen Aufgaben). Eigentlich eine Schande. Aber sowas wie Psyche gab es nicht in der NVA: Entweder krank oder unwillig. Der Politoffizier hatte für Geschlossenheit und "Motivation" bei der Aufgabenerfüllung zu sorgen, auch mit diversen "Veranstaltungen" zur "Gemütsaufhellung"; keineswegs aber mit jedem Psychoanalyse zu betreiben.
OldMan
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- NIHIL, NIHIL. (Von Nichts wird Nichts.) ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- NVA wie so ziemlich alle damals in der DDR - 1987 Hptm. d.R., seit 1961 bis heute beruflich alles mögliche und ziemlich viel, jetzt aber Rentner und unabhängig... (naja, da gibt es noch meine liebe Frau...)
Im WR FED gab es ab Ende der 70iger Jahre psychotherapeutische Versorgung. Eine ehemalige Mitschülerin hat an der HUB Psychologie studiert und wurde 1977 in das WR eingestellt. Dass wir beide mal im WR waren, haben wir erst weit nach der Wende festgestellt. Sie hat mir u.a. auch mal erzählt, dass es Psychotherapie bei der NVA nicht gab.
hochwald
II/1967-II/1970 WR "F.E.Dzierzynski", davon 33 Monate in Erkner, danach bis 1990 MfS, HA XVIII
Zitat von OldMan im Beitrag #5Es gab nicht wirklich einen "Seelsorger". Des Politoffiziers Aufgabe war es nicht, psychische Probleme einzelner Troupiers aller Dienstgradgruppen zu klären (ohne darauf jetzt näher eingehen zu wollen, was dessen Aufgabe nun wirklich war). In manchen (vielen) Einheiten war es der Regimentsarzt, der rudimentär auf die seelischen Belange von Patienten einging (aber auch nicht alle; es gab da auch "harte Hunde" drunter), wenn solches vom Patienten ausgesprochen wurde.
Ansonsten blieb jeder mit sich allein. Auch hier und da verständnisvolle Vorgesetzte konnten nicht immer über ihren Schatten springen (schon mit Rücksicht auf die zu erfüllenden militärischen Aufgaben). Eigentlich eine Schande. Aber sowas wie Psyche gab es nicht in der NVA: Entweder krank oder unwillig. Der Politoffizier hatte für Geschlossenheit und "Motivation" bei der Aufgabenerfüllung zu sorgen, auch mit diversen "Veranstaltungen" zur "Gemütsaufhellung"; keineswegs aber mit jedem Psychoanalyse zu betreiben.
OldMan
Nun OldMan, das sehe ich etwas anders. Ich war von meinen 17 Dienstjahren in der Truppe immerhin 15 als Politoffizier tätig. Nun ist das Ganze wohl eine Strukturfrage der Teilstreitkräfte. Soweit ich weiß, waren auf allen Schiffen der Volksmarine je ein Politoffizier, bei den Booten war das anders. Hier gab es in der Abteilung und in der Brigade Politoffiziere, die bei Seeausbildung bzw. -einsätzen an Bord der Boote gingen. Ärzte waren auf See weit weg deshalb war es schon die Aufgabe des Politoffiziers auf psychische Probleme einzugehen. Ausgebildet waren wir nicht, deshalb gab es da auch gewaltige Unterschiede. Mit erhobener Pistole in der Hand und an Oberdeck rennen und Hurra schreien war da nicht. Natürlich standen Motivation und Problemlösungen im Sinne der Einsatzbereitschaft der Technik im Vordergrund. Aber der Politoffizier war bei uns "wachfrei", heißt, er hatte keine feste Gefechtsstation zu betreuen, er konnte sich an Bord zu jeder Zeit frei bewegen oder/und eine Aufgabe übernehmen. Die Spezifik des "kleinen Territoriums" Boot war sicher übersichtlicher als eine Einheit der LaSK. Ich weiß nicht ob ich mich als "Seelsorger" gefühlt habe aber ich habe so manchem "Lord" geholfen seine Probleme zu klären, medizinische ausgeschlossen. Ist nicht so einfach zu erklären. Bis denne
Eddy von der großen Insel
"Tradition pflegen heißt nicht Asche aufbewahren sondern eine Flamme am Leben erhalten!"
Fregattenkapitän a.D. / Rentner Ehrenamtlicher Leiter "Marinehistorisches- und Heimatmuseum Dranske-Bug"
Ich bin der Meinung, dass es eine psychologische Betreuung in der NVA nicht gab.
Wohl jeder von uns, der länger dabei war, hatte mal ein (oder mehrere Tiefs) und man wurde damit völlig allein gelassen. Halt fand man in der Familie und bei Freunden.
Zum Polit ist wohl wegen solcher Dinge kaum einer gerannt es sei denn, der Polit war ein persönlicher Freund.
Aber liebe Genossen, in einer sozialistischen Armee gab es doch keine psychologischen Probleme.
Gruß
Ebbe und Flut, der Lauf der Gestirne - dass sind meine kleinsten Probleme.
Der Soldat hatte zu funktionieren. Tat er es nicht, wurde er bestraft. Sogenannte "Aussprachen" mit Partei oder FDJ hatte es durchaus gegeben, wobei es da nicht um Ursachensuche und Hilfe ging, sondern mehr darum, dem "Fehlverhalten" abzuschwören. War schon eher die Ausnahme, dass Polits im fortgeschrittenen Alter sich tatsächlich mal des Menschen annahmen. Als jungem Offizier fehlte es einem schlicht an der nötigen Lebenserfahren und die wenigen Stunden Militärpädagogik und -Psychologie bereiteten mich jedenfalls nicht auf "Durchgeknallte" vor. Learning by doing. Der Fahrer meines Batterieführungspunktes, grad Gefreiter geworden und ein guter Soldat tickte auch aus. Schleichend. Immer schlampiger beim Dienst, verschlossener, Leckmich-Stimmung, dann BVs gebaut. Keiner wußte, was mit dem los war, Bestrafungen folgten und dann nahm er Tabletten, rechtzeitig bemerkt. Vorstellung im Medpunkt- nix, dienstfähig. Meinem BC wars egal, mir als ZF nicht. Hatte ihn Abends zu mir gebeten, unter vier Augen, meine Jacke abgelegt und gesagt-schau her, keine Pickel auf der Schulter, lass uns mal unter Männern reden. Und dann brach es aus ihm raus: Massive Probleme mit der Ehefrau und der Verwandtschaft, Scheidungsdrohungen, mistige Briefe. Das hatte ihn erleichtert, aber das Problem nicht gelöst. Unter Umgehung des Dienstweges mit dem SC und Polit gesprochen und letztlich gabs eine fiktive Dienstfahrt zum WKK seines Heimatortes, tatsächlich aber zu ihm nach Hause, wo das Paar sich aussprechen konnte. Die sind heute noch zusammen...
Ein Resi unserer Abteilung war während einer unerlaubten Standortüberschreitung mit dem Moped tödlich verunglückt. Gemeinsam mit dem Polit mußte ich die traurige Nachricht seiner Frau übermitteln. Die machte natürlich uns als Vertreter der NVA verantwortlich. Nach diesem Erlebnis hätte ich gerne einen Seelenklempner gehabt.
na gut, es kam immer auf den jeweiligen Vorgesetzten oder "Politoffizier" an und den Vertrauens-"vorschuß" durch die Dienstgradgruppen. Sicher, im Vordergrund stand immer Funktionalität und Gefechtsbereitschaft.Ich will mal so sagen, der überwiegendste Teil der "Roten Kaplane" und "Millionenbeschleuniger" war dazu definitiv nicht in der Lage, Ausnahmen bestätigten die Regel und die kamen meist aus dem von OVM benannten Altersgruppe.- Sicherlich war MPP nicht das optimalste in der Offiziersausbildung und hat mit Sicherheit nicht ausgereicht. Speziell als Absolvent hatte man vorrangig erst mal mit sich selber zu tun, abgesehen vom Druck, den man selber bekam. Mit zunehmender Erfahrung wurde es wohl besser, aber eine sogenannte psychologische Betreuung gab es nicht..... hätte man selber mal gerne gehabt. Das einzige Mal, wo ich mich mal "ausgekotzt" habe ( soll wohl der Adju oder ähnliches vom Divisioner gewesen sein, hatte den gleichen Dienstgrad wie mein Vater) kostete mir meine damalige Dienststellung... aber egal, ich lebe ja immer noch. Ungeachtet dessen habe ich auch heute noch zu einigen Unterstellten gute Verbindung, auch weil mein handeln durchaus oftmals in der Form wie bei OVM geschildert ablief. - Soldaten haben/hatten durchaus ein Gespür dafür, wem's nicht nur um "Ruhm und Ehre" ging...
Die Existenzberechtigung für das Militär ist es, das Land und das Volk vor Bedrohungen zu schützen Park Geun_Hye ( 1952 - )
Zitat von hochwald im Beitrag #6Im WR FED gab es ab Ende der 70iger Jahre psychotherapeutische Versorgung. Eine ehemalige Mitschülerin hat an der HUB Psychologie studiert und wurde 1977 in das WR eingestellt. Dass wir beide mal im WR waren, haben wir erst weit nach der Wende festgestellt. Sie hat mir u.a. auch mal erzählt, dass es Psychotherapie bei der NVA nicht gab.
hochwald
Ja. Das stimmt. Aber es gibt eben das "aber".
Grundsätzlich muss man wohl sagen, dass in der DDR diesem Thema eine eher untergeordnete Bedeutung zugestanden wurde. (@Kuno sagt das mit seinem ironischem Satz m.M.n. schon richtig. )
Ich selbst war Augenzeuge eines tötlichen Unfalles im WR. Ich schildere kurz den Ablauf.(ohne Details zum Unfall)
Der Unfall geschah etwas 10 Meter von mir entfernt. Ich selbst war in das Unfallgeschehen nicht einbezogen.
Es war mir sofort klar, das der Junge (Uffz.B) tot sein muss. (Er hatte schwerste Gesichtsverletzungen) Nach den ersten , sehr unangenehmen Maßnahmen ( Hilfeleistung und Meldung an Rettungsdienst usw.) begann ein Ablauf welchen ich auch heute noch für richtig und nachvollziehbar halte. (der Tote war Gruppenfüher und es hätte den Ablauf nach auch durchaus ein vorsätzliches Handeln dritter vorliegen können . war es aber nicht)
-separierung aller Zeugen unter Haftbedingungen außerhalb des Standortes (ich weiß nicht wo ich da war, denke aber in der Magdalenenstr.) -mehrere Vernehmungen zum Unfallhergang Das dauerte alles etwa 12 Stunden für mich . Ergebniss war . Ich war Zeuge des Vorganges und nicht im geringsten am Vorgang selbst beteidigt .
Ich wurde zurück in mein Komando gefahren (mit Lada) und wurde wieder separiert. Ich durfte erst mal nicht in meine Kompanie.
Nach einer Weile(ca.5 Stunden) musste ich zum Komando-Arzt (OSL Oschließ) und wurde untersucht.
Ergebniss: Innnendienstbefreiung für 3 Tage. Täglich Gabe von einer " Faustan" durch den Kompaniesanni. (ich habe fast 2 Tage geschlafen)
Danach habe ich ohne Probleme zuende gedient.
Ich habe den Namen und das Bild des Toten Uffz .Steffen B. bis heute noch im Gehirn. Scheiße.
Zitat von Eddy im Beitrag #7Ärzte waren auf See weit weg deshalb war es schon die Aufgabe des Politoffiziers auf psychische Probleme einzugehen. Ausgebildet waren wir nicht, deshalb gab es da auch gewaltige Unterschiede. Mit erhobener Pistole in der Hand und an Oberdeck rennen und Hurra schreien war da nicht.
Der Satz mit der Pistole ruft sofort eine Erinnerung in mir wach: Ich habe diesbezüglich, wenn auch an Land , andere Erfahrungen gemacht! Ich zitiere mal einfach das entsprechende Kapitel aus meinem Buch "EINGEZOGEN". Zur Orientierung, es trug sich in meiner GK in Sonneberg zu:
Ausgang
Derlei geschlaucht, will sagen, arg gebeutelt, hatten wir uns endlich einen Ausgang verdient. Wenn man bedenkt: 10 Stunden Grenzgang, A-Gruppe, Innendienst usw., wir waren schlichtweg fix und fertig. Da brauchte es zwei Bier und zwar kleine, um unter dem Tisch zu landen. Das wusste auch der Kompaniechef und noch mehr der Offizier vom Dienst. Wir hatten gerade die erste Kneipe aufgesucht, da kam auch schon ein LO. Die kurzerhand vom diensthabenden Offizier ernannte "Militärstreife" * schaute in das Lokal, stellte fest, die Neuen sind alle besoffen, also mitnehmen. Das Mitnehmen sah so aus: wir wurden einfach auf die Ladefläche des LOs befördert. "Kinder und Betrunkene beschützt der liebe Gott", wir haben keinen Schaden genommen. Einen Schaden musste aber unser Politoffizier, der wohl an diesem Abend als OvD Dienst hatte, gehabt haben. Und zwar einen Dachschaden. Der rannte nämlich mit gezückter Pistole wie zu Kriegszeiten durch die Kaserne und nahm uns schreiend in Empfang. Da wir auch nicht mehr bei Sinnen waren, allerdings nur alkoholbedingt, was ja im Gegensatz zum Polit vergänglich war, benahmen wir uns naturgemäß total unmilitärisch. Unser Polit war bekannt für seine heroische Gesinnung. Am liebsten hätte der den Zweiten Weltkrieg zurückgewünscht und dann an der Seite der ruhmreichen Sowjetarmee heldenhaft gekämpft. Allerdings glaube ich, dass dieser Mensch wohl eher zu denen gehörte, die zu Hause im weichen, warmen Sofa sitzend, mit Bier und Schnittchen bestens versorgt, zu viele Kriegsfilme gesehen haben. Den wahren Krieg konnte dieser Offizier auch nicht gekannt haben, schon wegen seines Alters nicht. Kampf unter Aufopferung der eigenen Person war offenbar für ihn das Größte. Das jedenfalls war stets der Inhalt seiner tiefgreifenden ideologischen Schulung der gemeinen Truppe. Die muss wohl wenig gefruchtet haben, das Heroische in uns fehlte einfach. Und so kam es, dass er zwar keinen erschossen, sich dafür aber fürchterlich blamiert hat, zumindest in unseren Augen. Irgendwann, nach zahlreichen Krakeelen und Drohungen mit Militärknast wegen angeblicher Gefährdung der Grenze (?) landeten wir alle im Bett, nicht ohne zu vergessen, draußen vor der Kaserne noch den verbleibenden Rest Alkohol zu verstecken.
Ein paar Tage später geriet ich noch einmal mit unserem "Helden" zusammen. Der war nämlich nicht nur von heroischer Gesinnung, sondern auch noch besonders dienstbeflissen. Wir bezeichneten ihn im Soldatenjargon als "dienstgeil". Im Vorbeigehen auf dem Kasernenflur muss ihm wohl meine Blickwendung nicht exakt genug gewesen sein. Er beorderte mich zurück und fragte, warum ich ihn bei der Blickwendung nicht ordnungsgemäß in die Augen gesehen hätte, so wie es im Handbuch des Militärischen Grundwissens steht. So dämlich benahm sich sonst kein anderer Vorgesetzter in unserer eigentlich etwas familiären kleinen Kaserne! Ich entgegnete ihm, dass dies nicht meine Absicht gewesen sei, ich aber unter einem Augenfehler leide, der auch nach sechs erfolgten Operationen nicht behoben werden konnte. Das entsprach der Tatsache, denn noch heute schaut das eine Auge nicht in die Richtung des anderen. Man sagt schlicht und einfach Schielen oder Strabismus dazu. Ein Umstand, der schon so manchen irritiert hat. Etwa fünfzig Prozent der Leute merken nicht, mit welchem Auge sie nun angesehen werden. Also gab ich ihm noch den Hinweis, dass mein linkes, oder das von ihm aus gesehene rechte Auge, jenes sei, welches ihn anblickt. Etwas derartiges muss er wohl noch nicht gehört haben, denn nun war er es, der ziemlich seltsam aus der Wäsche schaute. Worauf er mich wegtreten ließ und fernab wurde ich nie wieder von ihm zurückgepfiffen.
* Hinweis: es handelte sich um befohlene Leute mit einem LO direkt aus unserer Kompanie - Der Polit war wohl äußerst dienstbeflissen
---------- Tja, so unterschiedlich konnte es zugehen! Jedenfalls habe auch ich nie einen Polit erlebt, der auch nur ansatzweise psychologische Ambitionen verspürte oder sonst irgendwie einfühlsam war! Mein erster Polit in der ABK (1.DHJ) Johanngeorgenstadt hat Versprechungen gemacht und nie eingehalten (will hier nicht weiter darauf eingehen) und mein letzter Polit (3.DHJ) war, ähnlich des zweiten, außerordentlich dienstgeil, allerdings ohne diese Pistolenzückerei. Und der traute sich an mich auch nicht ran, da ich zu dieser Zeit Spieß-Schreiber war
Mein Fazit: Offizielle psychologische Betreuung oder Seelsorge fand auch bei den GT nicht statt, zumindest habe ich eine solche nie erlebt oder bei anderen mitbekommen. Das schließt allerdings nicht aus, dass es auch Offiziere gab, die einem mal Mut zugesprochen haben, bzw., mit denen man sich auch mal "menschlich" unterhalten konnte. Solche Leute habe ich auch kennengelernt und auch in meinem Buch nicht vergessen, welches ja vornehmlich die unterschiedlichsten Charaktere beleuchtet.
---------------------------------------------------- Meine Aussagen erheben nicht den Anspruch auf Verallgemeinerung! "Mögen die Federn der Diplomaten nicht wieder verderben, was das Volk mit großen Anstrengungen errungen!" Gebhard Leberecht von Blücher
Die "Polits" kommen meist schlecht weg, aber wie bei allen anderen Offiziersgruppen gab es auch in dieser Gruppe so'ne und solche. Ich bin durch einen Zufall Politoffizier geworden und habe mich meistens als "Mädchen für alles" empfinden dürfen, wenn ich Reservedienst zu leisten hatte. Natürlich zählte auch "politischer Geigel" zu meinen Aufgaben. Aber glaubt mir, ich habe immer versucht, die Polit-Tage "zu versüßen", indem ich auf verschiedene (oft technische und/oder historische) Nebenstränge bei den Themen näher einging: Vielen hat das gefallen, denn die meisten meiner Unterstellten waren nicht auf der Wurstsuppe hergeschwommen... Da schlief keiner und Diskussion war immer lebhaft. Will also sagen: Es kam immer auf die Person an und wie sie das machte. So waren auch die weniger Bedarften für mich erreichbar und im persönlichen Gespräch und wenn man sich wirklich (wirklich!) kümmerte, dann fand man zu den allermeisten Jungmännern Zugang. Und konnte im Rahmen des Möglichen und Vernünftigen auch Dinge bewirken, die den jeweiligen Personen halfen. Eine Ausbildung bezüglich Psychologie habe ich auch nie gehabt: Aber oft half das "Zwischenmenschliche" und die Art und Weise wie man sich "gemein machte" (nicht anbiederte!). Dazu brauchte es gewisser Erfahrungen. Die hatte ich und deswegen wurde ich auch als Offizier nie in Frage gestellt: Meine Jahre als Freiwilliger mit allen Höhen und Tiefen halfen da und wenn ich darauf zu sprechen kam, wurde meine Fähigkeit zum Schlichten, Helfen und, ja, auch, Überzeugen angenommen. Wenige gab es allerdings, wo nichts fruchtete, die weder Hilfe suchten noch sie annehmen wollten, die nur "auf Krawall gebürstet" waren und bei denen mir klar war, dass die auch "im normalen Leben" nichts weiter als widerständisch oder sozial geschädigt (in welcher Form immer) waren...
Ich will mich nicht beweihräuchern. Natürlich gab es dann, wenn etwas gefordert werden musste, trotz meines Versuchs der persönlichen Annäherung, Obstruktion. Das liegt in der Natur der Sache. Aber wirklich psychologisch richtig, mit dem Gefühl für die Balance zwischen dem Dasein als Uniformierter (oft eben nicht freiwillig) und dem als Bürger des Staates (der oft ja auch ungeliebt -ein Euphemismus- war) konnte wohl keiner wirklich komplex umgehen; erst recht nicht die, die es hätten können müssen, weil sie in Zug und Kompanie am dichtesten "am Mann" dran waren. "Seelsorge" gab es also nicht, eher eine Art Gegenteil, so a la "Härte kann befohlen werden!".
OldMan
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Nun ja - ja nun ---- auf meinem Abschlußzeugnis der OHS steht auch was von Militärpädagogik / Militärpsychologie - die Zahl dahinter spielt keine Rolle. Ich weiß nicht (mehr), ob ich in jeder Sizuation den richtigen Ton getroffen habe - aber an psychisch bedingte Ausfälle kann ich mich nicht erinnern.
Wer sich über Kritik ärgert, gibt zu, dass sie verdient war. Publius Cornelius Tacitus
Mir wurde insgesamt zwei mal "geholfen", obwohl ich keine Hilfe benötigte, fand aber die Geste schon allein bewundernswert! Ich wurde aus dem Führungszug entfernt, da ich diese Ehre nicht verdient habe. (Gründe sind bekannt) Meine neuer Wirkungskreis war die 2. Batterie, da war noch eine Stelle als Kabelaffe frei. Der BC gewährte mir eine persönliche Audienz und sagte mir das meine Strafe verbüßt sei und jeder der mir diese Strafe vorwirft, wird von ihm bestraft. Das waren seit 17 Monaten die ersten netten Worte, die ein Offizier zu mir sagte. Monate später kam es zu den kleinen Vorkommnis mit dem Hauptmann Adam, Chef, oder aus dem Stab der Raketentruppen der 7 PD., als ich ihm nach Vorschrift in der "Schleuse" festhielt. Er hatte sich darüber echauffiert und meine Bestrafung gefordert. Nachdem er mit dem Kommandeur im Gebäude verschwunden war, äußerte der Stabschef, Zitat:" Sch..., ich bringe Sie nach Schwedt zurück, da wo Sie hingehören". und betrat ebenfalls das Gebäude, übrig blieb der OVD (mein BC) und ich. Ich schaute den BC an und sagte: "Genosse Major, sie haben gehört was der Stabschef gesagt hat! Bitte bestrafen Sie ihn." Es war von mir gemein, allerdings meine einzige Verteidigungsmöglichkeit. Ein paar Tage später trat der BC an mich heran und fragte ob ich 2 Tage hintereinander GUvD Dienst stehen würde, ich antwortete, warum nicht. Daraufhin antwortete er, wenn sie jemand fragt, sagen sie ihm, das war die Bestrafung. Er hatte den Spagat zwischen Recht und Befehl gefunden. Für mich die Arbeit eines "Seelenklempner". Er hatte stehts meinen vollen Respekt und wurde nie von mir "vorgeführt".
Soldatenforum
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30.11.2021 12:16
Antworten
. Ungeachtet dessen habe ich auch heute noch zu einigen Unterstellten gute Verbindung, auch weil mein handeln durchaus oftmals in der Form wie bei OVM geschildert ablief. - Soldaten haben/hatten durchaus ein Gespür dafür, wem's nicht nur um "Ruhm und Ehre" ging...
, andere Erfahrungen gemacht! Ich zitiere mal einfach das entsprechende Kapitel aus meinem Buch "EINGEZOGEN". Zur Orientierung, es trug sich in meiner GK in Sonneberg zu: